Auswendiglernen und Verstehen lernen

Auswendiglernen und Verstehen lernen

Published on: 17.03.2020

Wir alle müssen lernen. Auch abgesehen von der Schule. Allein um uns effizient in der Umgebung zu reisen, müssen wir wissen, wo die Geschäfte sind, zu denen wir hin wollen. Der Fußballspieler muss lernen, wie er den Ball richtig kickt und zu welchen Zeitpunkten er zu seinen Kameraden passt. Ein Baby muss lernen auf sich aufmerksam zu machen, damit es überleben kann. 

Das Lernen ist auch für das Verstehen notwendig. Das was wir nicht gelernt haben, das verstehen wir nicht - obwohl wir auch über die Natur unbekannter Sachen spekulieren können, doch dies immer im Unverständnis dieser Sache, bis man gelernt hat, was die Sache ist. Damit wir manche komplexe Sachverhalte verstehen können, müssen wir manchmal schon eine Wissensbasis zur Verfügung haben. Das was an den Universitäten gelehrt wird, sind solche komplexen Sachverhalte und deswegen werden wir (unter anderem) in der Schule auf die Universität vorbereitet, indem man uns Wissen vermittelt, welches für das weitere Studium notwendig ist.

Dieses Wissen kann nun ein Schüler entweder einfach nur auswendig lernen oder dazu versuchen, es zugleich verstehen zu lernen. Ich war nie gut in auswendig lernen. Daher kann ich auch hierfür keine Tipps geben. Aber manchmal muss man Dinge auswendig lernen, obwohl man sie nicht in ihrer Gänze verstanden hat. In der Schule lernen wir, wie Mathematik funktioniert oder wie die Objekte sich unter bestimmten Bedingungen verhalten, aber wir wissen nicht warum die Mathematik funktioniert, oder wie die physikalischen Formeln zu Stande gekommen sind. Wir lernen sie auswendig.

Aber mit bloßen auswendig lernen kommt man nicht weit. Vor allem, wenn man die Welt erforschen will. Denn Forscher wollen vor allem die Welt verstehen lernen. Sie wollen wissen, wie oder warum etwas so ist wie es ist.

Aber wie lernt man den Verstehen?

Da gibt es viele Wege:

Durch Beobachten: So kann man beobachten, dass Wasser, sobald es unter 0 Grad ist, friert und fest wird. Der Beobachter verbindet die Temperatur mit dem neuartigen Phänomen (das Gefrieren), und versteht (zum Teil), warum das Wasser fest wird.

Durch das Paraphrasieren: Wir können prüfen, ob wir einen Text oder die Handlung eines Romans verstanden haben, indem wir versuchen, es mit eigenen Worten wiederzugeben. Ob es richtig ist, können wir daran überprüfen, wenn wir den Autoren selbst fragen, ob er dies so gemeint hat oder, wenn uns Experten (oder einfach Leute, bei denen wir vernünftigerweise annehmen können, dass sie es besser wissen als man selbst) uns versichern, dass unsere Wiedergabe richtig ist (jetzt so im groben).

Durch das Zusammenfassen: In den meisten Fällen kann man natürlich nicht den ganzen Text paraphrasieren und selbst wenn man dies tun würde, könnte man sich wahrscheinlich nicht mehr an alles erinnern. Das eigene Verfassen einer Zusammenfassung ist weniger eine bloße Schreibübung, als sein eigenes Denken zu koordinieren. Texte, Handlungen, sind meist so strukturiert, dass die eine Überlegung oder Handlung aus der anderen folgt und teilweise schon in der vorherigen Überlegung (oder Handlung) enthalten (erwartbar) ist. Wenn wir die Struktur erfasst haben, so müssen wir gar nicht mehr alles genau kennen, denn der Sinn der Überlegungen, hilft uns die Sachen, die wir nicht so fest verinnerlicht haben, selbst aus dem inneren Sinn des Textes herzuleiten. Meine Erfahrung ist: Wie ich schon gesagt habe, beginnen die ersten Seiten (meist - vor allem bei philosophischen Texten) mit Annahmen, Ausgangsituationen, die für das Verständnis des Textes elementar sind. Daher sollte man diese bei der Zusammenfassung aufnehmen. Der Schluss ist natürlich auch ganz wichtig, weil es das Endresultat ist. Bei einem philosophischen Schrift, ist es die neue - aus den Überlegungen heraus gewonnene - Erkenntnis. Wie man nun die wichtigsten Sachen aus dem Zwischentext herausgreift - ist eine Kunst für sich. Aber alle Textstellen, die den Übergang vom Anfang zum Schluss nachvollziehbarer machen - vor allem aber jene, die für die Verbindung von Anfang und Ende notwendig sind für das Verständnis -, sind aber aufzuschreiben.

Durch Fragen und Diskurs: Wenn man eine Sache nicht aus einem Text heraus verstanden hat, bedeutet das nicht, dass man dumm ist. In den meisten Fällen würde ich das Gegenteil behaupten. Ein guter Text versteht, sofern er alle Begriffe, die im Text verwendet werden, versteht, jeder. Und wenn etwas nach der Lektüre unklar ist, dann ist auch meist der Text unklar. Dasselbige gilt für Erklärungen des Lehrers. Wenn man eine Erklärung eines Lehrers (nach gutem Zuhören) nicht verstanden hat, bedeutet wahrscheinlich, dass der Lehrer sich nicht klar ausgedrückt hat. Aber durch das Fragestellen, kann man einerseits lernen, wie etwas eigentlich funktioniert (also die eigenen Fehler zu beheben), oder lernen, dass nicht alles, was Forscher beschreiben oder meinen zu wissen, vollständig klar ist, indem man durch die Frage, selbst Erkenntnislücken entdeckt.

Durch das Erkennen von Fehlern: Wer seine eigenen Fehler erkennt, und versteht, warum es falsch ist, der kann sie korrigieren oder zumindest einen neuen Lösungsversuch starten. Vor allem weiß er aber, wie es nicht geht. Und die generelle Erkenntnis, dass jeder bei jeder Forschung erwarten muss, dass man Fehler macht.

Diese ganzen Methoden haben nichts mit Erinnerungstechniken zu tun. Aber es sind vor allem die oben genannten Methoden, die die Forschung ermöglichen. Die ersten Forscher hatten keine speziellen Begrifflichkeiten oder Konzepte, Modelle. Sondern hatten nur die obigen Mittel (und weitere - da die Liste nicht erschöpfend ist) zu Verfügung. Ein Schüler, der sich nicht so gut Dinge behalten kann, sollte daher, wenn er selbst Forscher werden will, davon demotiviert werden, weil es nicht bedeutet, dass er nicht für die Forschung geeignet wäre. Klar, vieles muss man trotzdem auswendig lernen - aber, dass ist mehr Mittel zum Zweck und kein Selbstzweck.